Mittwoch, 22. Juni 2016

NATO Paper on the TALLIN MANUAL Papier 5 Die Natur internationalen Cyberrechts Zusammenfassung Deutsch

Die Natur und der Ort internationaler Gesetzesnorm

Internationales Recht ist typischerweise prohibitiver Natur: jede nicht verbotene Aktivität ist generell gestattet. Aber auch existierende Gesetzmäßigkeiten stellen sich gelegentlich als fehlerhaft heraus, wenn es unvermittelt auf neue Umstände stößt. Rechtsbrüche führen dabei oft zur Schöpfung einer neuen Norm. Wenn Menschenrechte im Cyberkontext Anwendung finden, würden sie logisch angewandt- Eingang in die Kommunikation zwischen Individuen finden. Wenn nun ein Staat zur Sicherung seiner Cybersysteme diese Norm nachlässig behandelt, handelt er entgegen dieser Normen. mit der Zeit könnte dieses Handeln von anderen Staaten generell als legal betrachtet werden, sodass das originäre Menschenrecht ggf. modifiziert werden könnte. Unter dem Gesichtspunkt der relativen Neuartigkeit von Cyberaktivitäten sind die originären Menschenrechte verwundbar gegenüber geltender Praxis.
Wenn jedoch erst mal die Grenzen des internationalen Cyberrechts gesetzt sind, kann auf Staatsebene innerhalb dieser Grenzen eine eigene Regelung gefunden werden zum Umgang mit diesem Raum.
So können sinngemäß Handlungen, die international kein Problem darstellen auf nationaler Ebene gegen geltendes Recht verstoßen - wie auch umgekehrt. Auch gibt es ethische Maßgaben, die mit der Zeit in herrschender Praxis gemacht werden.

Terminologische Präzision

Es ist klar, dass Cyberoperationen, die kinetische Operationen wie 2008 in Georgien unterstützen oder in Syrien derzeit in vollem Bezug zum Nexus des Konfliktes stehen, unabhängig davon, ob sie von Staaten oder nichtstaatlichen Gruppen ausgehen. Daher sind nach IMR Cyberoperationen die verletzende oder zerstörende Wirkung haben und sich auf zivile Objekte beziehen verboten. Für Rechtsgelehrte erscheint der Begriff "bewaffneter Cyberkonflikt" dem Begriff Cyberkrieg vorzuziehen, denn nur ,wenn die Voraussetzungen eines Krieges erfüllt sind, greifen die entsprechenden Normen

Der zweite Term, der zwischen den normativen Gruppen für Unstimmigkeit sorgt ist " Attacke". Der bewaffnete Angriff ist ein gesetzlich bestimmter  Begriff des Jus ad Bellum. Angriff ist ebenso ein Begriff der IMR, wobei hier militärische Operationen eines Konfliktteilnehmers gegen einen anderen gemeint ist. Artikel 49 des 1. Zusatzprotokolls der Genfer Konvention nennt eine Attacke "Einen Akt der Gewalt gegen den Feind im angriff und in der Verteidigung.

Die Tallinmanual definiert eine Cyberattacke als Cyberoperation, egal ob offensiv oder defensiv, welche als ursächlich angenommen wird, Verletzungen oder Tod von Personen zu verursachen bzw. die Beschädigung oder Zerstörung von Objekten.

Die Definition des "Angriffs" liegt im Kern der IMR, da viele seiner Verbote geframed sind im Verbot von Angriffen. Paradigmatische Beispiele speziell sind gerichtete Angriffe auf Zivilisten und zivile Objekte. Für den Fall, dass eine Cyberoperation nicht die Bedingungen nach IMR für einen Angriff erfüllt, greifen die Verbote nicht. Konsequenterweise muss also Klarheit geschaffen werden - für den Fall, das ein nicht Rechtsgelehrter den Term Cyberangriff nutzt, ob er den Begriff nach jus ad bellum nutzt, nicht nur, ob die Operation während eines bewaffneten Konfliktes stattfindet, wie es das IMR definiert, sondern ob die Operation einen Angriff darstellt, welche das IMR verbietet und Restriktionen ins Spiel kommen.

Ein internationaler Konsens über das internationale Recht, welches Cyberoperationen regelt und seine wahrscheinliche zukünftige Entwicklung verlang nach terminologischer Begriffsfestigkeit.

Generelle Richtlinien, die das Vertragsrecht beherrschen

Deklarationen haben keinen technisch legalen Effekt auf die Rechte oder Obligationen eines Staates. Gelegentlich machen Staaten interpretative Deklarationen, welche de facto vorgreifende Reservierungen sind. Ebenso wie dieses Reservierungen müssen Deklarationen genau hinterfragt werden, wenn sie in den normativen und legalen Stand eines Vertrages erhoben werden.


Der vielleicht wichtigste Aspekt des Vertragsrechts beschäftigt sich mit Interpretationen, ob ein Vertragstext vage oder eher ambitioniert ist. Eine solche Ambitionierung ist oft der einzige Weg auf dem die beteiligten Parteien nachhaltig einen Konsens erreichen können, um das zukünftige Rechtsinstrument abzustimmen entsprechend der Wiener Vertragrechtskonvention.

Der Begriff Kontext ist ebenso wichtig zu betrachten wie bei jeder Vertragsschließung. Es ist in jedem Fall angebracht, herauszufinden, was die Parteien im Hinterkopf haben, wenn eine Übereinkunft verhandelt und/oder angenommen wird.

Vertragsrecht im Cyberkontext

Da Cyberaktivitäten relativ neu sind, beschäftigten sich sehr wenige Verträge direkt mit ihnen. Prominente, gegenwärtige, Beispiele schließen sowohl die Konventionen zu Cybercrime, das Zusatzprotokoll von 2006, das "Shanghai Cooperation Organisations International Information Security Agreement und die ITU Konstitution und Konvention, sowie internationale Telekommunikationsregularien mit ein.
Die Frage ist nun, ob nicht cyberspezifische Instrumente auch Cyberaktivitäten betreffen. Eine Reihe von Staaten, inklusive Russland und China, haben vorausgehend erwähnt, dass es notwendig ist, das bestehendes internationales Recht auf den Cyberraum ausgedehnt wird. Beispielsweise regelt die "Law of the Sea Konvention" alle legalen  Aktivitäten eines Schiffes, welches fremdes Hoheitsgebiet kreuzt. die Passage muss dabei "unschuldiger Natur" sein, also nicht im Gegensatz zu den Interessen des Anrainerstaates stehen. Demnach sind Cyberoperationen ausgehend von einem das Hoheitsgebiet kreuzenden Schiff gegen den Anrainerstaat, Verletzungen dieser Konvention.-
Ebenso verhält es sich mit dem Mondvertrag von 1963, nachdem der Mond und andere Himmelskörper nur für friedliche Zwecke genutzt werden dürfen - das schließt mondgestützte Cyberoperationen kategorisch aus. Sämtliche Experten, die an der Tallin Manual beteiligt sind, kamen überein, dass eine Cyberoperation gegen einen anderen Staat, welche Verletzungen oder Tod von Individuen zur Folge hat, bzw. die Beschädigung oder Zerstörung von Eigentum, wird als Gewaltakt gewertet.
Die Expertengruppe kann an dieser Stelle nur Indikatoren anbieten, die Staaten bei den Erwägungen und Entscheidungshilfen zur Seite stehen soll, wenn es darum geht, wie eine Cyberoperation gesetzlich charakterisiert werden sollte. Abgrenzungsfaktoren sollten sich als hilfreich erweisen für die Beurteilung, wie eine Aktivität von anderen Staaten wahrgenommen wird und ob sie als Normverstöße wahrnimmt, auch wenn diese keine gesetzlichen Kriterien an sich darstellen.
Das Objekt und die Absicht von Artikel 2(4) ist es, eine Handreichung zur Interpretation im Cyberkontext darzustellen, jedoch keine umfassende.  Artikel 51 der UN Charta besagt, dass Staaten Gewalt anwenden dürfen, um einem bewaffneten Angriff zu begegnen. Staaten sollten also nicht ohne Verteidigung dastehen, wenn die Durchsetzungsregelungen der UN Charta nicht sofort greifen wie geplant. Das Thema der nichtstaatlichen Akteure im Hinblick auf den virtuellen Raum ist als zentral anzusehen, da die Fähigkeiten nichtstaatlicher oder Einzelakteure signifikant an Bedeutung gewonnen haben.

Sowohl die USA, als auch die Niederlande vertreten die Position, dass der defensive Einsatz von Gewalt im Cyberkontext gestattet ist nach Artikel 51 - auch bei nichtstaatlichem Gegner.

Customary International Law im Cyberkontext

Viele Hindernisse sind dem Entstehung üblicher Normentwicklung in den Weg gelegt. Die Erfordernis von Praxiserfahrung über einen längeren Zeitraum verhindert eine zu schnelle Entwicklung bis zu einem gewissen ausmaß. Das größte Hindernis ist jedoch das Cyberaktivitäten generell schwer sichtbar zu machen sind und die Akteure oftmals mit den augenscheinlichen Auswirkungen konfrontiert sind,

Zu denken, das Gesetze die einzigen Umstände sind, die im Cyberkomplex prägen wäre zu kurzsichtig gedacht. Gerade bei Cyberoperationen ist jeder Versuch der Interpretation mit Unsicherheit und Mehrdeutigkeiten durchsetzt. Es wäre zudem naiv zu glauben, Politiken auf Staatsebene und ethnische Unterschiede würden keinen Einfluss auf die Bestimmungen haben. Die Kontroverse wird weder linear noch unbedingt logisch geführt. Frühe russische und chinesische Einwände zur Ausweitung des internationalen Rechts auf den Cyberspace ist als Meilenstein zu betrachten. Auch wenn beide zurückgerudert sind, ist fraglich, welchen Standpunkt sie heute einnehmen.
In diesem Flickenteppich einer nebulösen Umgebung sie dien Rollen von normativen Regimen eng verwoben, wenn auch ihre Anweisungen nur in Ausnahmefällen wirklich internationale Grenzen überschreiben. Da Cyberaktivitäten ein relativ neues Phänomen sind, mögen Politiken und ethnische Normen einen stärken Einfluss auf die Herausbildung auf die Bildung von Handlungsgrenzen haben als die internationale Rechtsetzung. Mit der Zeit mögen einiger dieser nichtgesetzlichen Normen durch Kodifizierung in Vertrags- oder  Gewohnheitsrecht übergehen und formell die Limits von Cyberaktivitäten bestimmen. In der Zwischenzeit wird der Cyberspace eine Umgebung inbrünstiger und oft multidirektionaler normativer Entwicklung bleiben. 

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